Geografische Orte
Wiesen
Deutung
Bisherige Deutungen:
Der ursprünglich belegte Name der Walsersiedlung Wiesen ist die bündnerromanische Form Tein, die in den frühen Belegen das Weidegebiet oberhalb des Dorfes alp (da) Tein bezeichnet (RN II, 612, 860). Die Herkunft des Namens Tein ist unbekannt (RN II, 612). Eventuell hängt er mit dem vordeutschen, vielleicht vorrömischen Element tenna (cf. → Tenna GR) zusammen. Serra (1927: 81) stellt Tein hingegen zu einer Gruppe von Orts- und Flurnamen, die auf lateinisch attinae «aufgehäufte Steine» zurückgehen sollen. G. Hoyer (schriftliche Mitteilung) erwägt einen Zusammenhang mit lateinisch tīna «Gefäss», Dativ/Lokativ tīnae, auf die Geländeform übertragen in der Bedeutung «Mulde». Tatsächlich findet sich in der Nähe des Dorfs ein Flurname Grouben, der auf eine Geländevertiefung hinweist. Zur lautlichen Entwicklung bemerkt G. Hoyer, dass sich Tein in einer Region befindet, wo die bündnerromanische Mundarten lateinisches -ī- zu [ɔoɪ] diphthongieren (lateinisch vīnum > [vɔoɪn]; Phonetisches Normalbuch, DRG Dok). Vom geographischen und lautlichen Befund her scheint dieser Deutungsvorschlag auf den ersten Blick gangbar. Besprechung:
Die im RN II erwähnten Deutungsansätze sind sehr spekulativ. G. Hoyers Vorschlag scheitert wahrscheinlich am Erstbeleg (1311 de alpe Ten), der keine Diphtongierung aufweist und sich aus lautlichen Gründen kaum auf lateinisch tīna zurückführen lässt. Auf die abstruse «semitische» Deutung des Namens bei Brunner (1987: 54), welche lautgeschichtlich unmöglich ist, wird hier nicht eingegangen (cf. dazu Schorta 1988b: 247s). Deutung:
Wiesen geht auf die Ansiedlung von Walsern aus dem Raum Davos im 14./15. Jahrhundert zurück (Bundi 1982; cf. → Schmitten GR). Es handelt sich um einen jungen, heute noch verständlichen Namen («bei den Wiesen»). Herkunft und Bedeutung des ursprünglichen Namens Tein bleiben unklar. ksArt
Flächenkoordinaten
773910 , 175070
Gemeinde
Davos
Region
Prättigau/Davos
Kanton
Graubünden
Bemerkungen
Die im RN II, 612 und 860 verzeichnete Form 1311 Albdein konnte im BUB IV nicht identifiziert werden. Bündnerromanische Namenform: Tein [ˈtaɪn]
Quelle
https://search.ortsnamen.ch/de/record/802003523/
Historische Nachweise
- 1311: redditus quindecim caseorum … de alpe Ten (BUB IV, 162)
- 1357: alp Thein (RN II, 612, 860)
- 1407: Alp Tein (RN II, 612)
- 1448: Altein (RN II, 612)
- 1470: Alpp tein (RN II, 612)
- 1480: an den Wisen (RN II, 898)
- 1631: von den Wysshen (RN II, 898)
- 1795: von den Wiesen (RN II, 898)
Nachweis / Literatur
- Planta, Robert von / Schorta, Andrea: Rätisches Namenbuch. Bd. 1: Materialien. Bd. 2: Etymologien. Bd. 3, Teile I + II: Die Personennamen Graubündens bearbeitet und herausgegeben von Konrad Huber. Bern, Francke, 1985-1986. - https://www.ortsnamen.ch/de/regionale-projekte/kanton-graubuenden
- Kristol, Andres (u.a.): Dictionnaire toponymique des communes suisses DTS. Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen LSG. Dizionario toponomastico dei comuni svizzeri DTS. Frauenfeld 2005.
- Material aus dem Sprachatlas der deutschen Schweiz (SDS) - http://www.sprachatlas.ch
- Clavadetscher, Otto Paul/Deplazes, Lothar (2001), Bündner Urkundenbuch. IV: 1304-1327. Chur: Bischofberger
- Schorta, Andrea (1964), Rätisches Namenbuch. II: Etymologien. Bern: Francke