Savognin
Deutung
Bisherige Deutungen:
Hubschmied (1943b: 124s) führt den Namen Savognin auf ein hypothetisches Adjektiv *sequaninus zurück, das vom keltischen Stammesnamen Sequani, Sequanos abgeleitet sein soll. Laut Hubschmied sollen sich in Savognin in römischer Zeit Siedler aus der Provincia Maxima Sequanorum niedergelassen haben. Derselbe Deutungsansatz wird von Hubschmied auch zur Erklärung von → Sagogn GR, Sevgein GR und Seewis GR bemüht. Laut RN II, 829 und Zinsli (1977a: 87) kann Savognin eventuell mit dem Namen der Suanetes, einem anderen (keltischen?) Volk, in Zusammenhang gebracht werden. Dieses ist im Altertum bei Plinius und Ptolemaios belegt (Howald/Meyer 1940: 362) und war im Hinterrheintal und den angrenzenden Nebentälern angesiedelt. Daneben könnte jedoch laut RN II, 829 auch an einen Zusammenhang mit dem Personennamen Isuanus (unbekannter Herkunft) gedacht werden, der im 9. Jahrhundert in den Nachbargebieten Graubündens mehrfach belegt ist (cf. RN III, 38). Auf jeden Fall geht der Name auf eine mit dem lateinischen Suffix -īnu gebildete Ableitung *Suaninu zurück. Wyss (1993: 204s) will den Namen Savognin von einer lateinischen Bildung *subtus + vena herleiten und ihn mit einer prähistorischen Kupfererzmine in Verbindung bringt (cf. auch Thöni 1995: 144). Auf die abstruse «semitische» Deutung des Namens bei Brunner (1987: 53) und Brunner/Toth (1987: 68) wird hier nicht eingegangen (cf. dazu Schorta 1988b: 250). Besprechung:
Hubschmieds Deutung beruht auf einer völlig hypothetischen Ansiedlung von Angehörigen des keltischen Stamms der Sequani (die nördlich des Juras beheimatet waren) im heutigen Graubünden; für eine solche Annahme gibt es nicht den mindesten historischen Hinweis. Zur Erklärung der verschiedenen angeblich auf die Sequani zurückgehenden Ortsnamen in Graubünden ist Hubschmied zudem gezwungen, völlig spekulativ mehrere von einander abweichende Lautentwicklungen zu postulieren. Sein Ansatz ist unhaltbar. Der Deutungsvorschlag von Wyss hat keine solide sprachwissenschaftliche Grundlage und ist aus lautlichen Gründen unmöglich. Die beiden Vorschläge in RN II, 829 sind lautlich und sachlich befriedigend; eine definitive Entscheidung ist jedoch nicht möglich. Die Deutung des Namens Savognin bleibt deshalb unsicher. Der offizielle Name Savognin (für die Lautform [sʊɐˈɲɪɲ]) geht laut RN II, 829 auf eine literarisch gefärbte Italianisierung zurück. Die in älteren Dokumenten belegten deutschen Formen Schwaningen und Schweiningen sind frühe volksetymologische Versuche, den nicht mehr verständlichen Namen in Anlehnung an die entsprechenden Tiernamen (und die zahlreichen deutschsprachigen Ortsnamen auf -ingen) umzudeuten. ksArt
Höhe (Meter über Meer)
2175
Fläche
22243 km²
Flächenkoordinaten
764809 , 160820
Gemeinde
Surses
Region
Albula
Kanton
Graubünden
Bemerkungen
Die im RN II, 829 für das 12. Jahrhundert erwähnten Formen in Sennuanninio, de Seuanenna konnten im BUB nicht identifiziert werden.
Quelle
https://search.ortsnamen.ch/de/record/802003539/
Historische Nachweise
- 1154: curiam de Sueningin (Thöni (1995: 145))
- 1154 [Kop.]: curias de Swainingen (BUB I, 240)
- 1156: dimidiam coloniam de Suanneng (BUB I, 246)
- 1157 [Kop.]: curiam de Sweningen (BUB I, 249)
- 1160: de Sweiningen Choͮnradum cum fratribus suis (BUB I, 253)
- 1208: proventus quos habetis de cu[ri]is Prades, Sweinig et Lasa (BUB II, 31)
- 1282: cum duabus curtibus in Swainigin et in Pradis (BUB III, 99)
- 1296: In curti de Swainigen (BUB III, 350)
Nachweis / Literatur
- Planta, Robert von / Schorta, Andrea: Rätisches Namenbuch. Bd. 1: Materialien. Bd. 2: Etymologien. Bd. 3, Teile I + II: Die Personennamen Graubündens bearbeitet und herausgegeben von Konrad Huber. Bern, Francke, 1985-1986. - https://www.ortsnamen.ch/de/regionale-projekte/kanton-graubuenden
- Kristol, Andres (u.a.): Dictionnaire toponymique des communes suisses DTS. Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen LSG. Dizionario toponomastico dei comuni svizzeri DTS. Frauenfeld 2005.
- Thöni, Gion Peder (1995), «Schweinigen, Suagnin ni Savognin?», Annalas de la Società Retorumantscha 108: 143-159
- Meyer-Marthaler, Elisabeth/Perret, Franz (1955), Bündner Urkundenbuch. I: 390-1199. Chur: Bischofberger
- Meyer-Marthaler, Elisabeth/Perret, Franz (1973), Bündner Urkundenbuch. II: 1200-1275. Chur: Bischofberger
- Clavadetscher, Otto Paul/Deplazes, Lothar (1997), Bündner Urkundenbuch. Vol. III. (neu): 1273-1303. Chur: Bischofberger