Wo man den heiligen Martin sieht – eine Standarte aus Cazis

Gut 60 Tage nach Ostern geht es in manchen Bündner Ortschaften festlich zu und her: Dann finden die sogenannten Fronleichnamsprozessionen statt. Jungmannschaften und Musikgesellschaften wirken an diesen Prozessionen mit. Nicht fehlen dürfen in Cazis die Grenadiere in ihren historischen Uniformen. Und nicht fehlen durfte in Cazis bis um 1950 eine Standarte aus dem 19. Jahrhundert, die heute im Kulturarchiv Cazis aufbewahrt wird.

Die violette Standarte zeigt auf beiden Seiten je ein medaillonartiges Bild. Auf dem einen Bild ist die heilige Anna zu sehen, zusammen mit der heiligen Maria als Kind. Auf dem anderen Bild ist der heilige Martin zu sehen, der Schutzheilige der Schneider, Huf- und Waffenschmiede, der Reisenden oder auch der Bettler. Das Medaillon auf der Cazner Standarte zeigt denn auch, wie der heilige Martin seinen roten Mantel mit dem Schwert entzweischneidet, um den Mantel mit einem Bettler zu teilen. Diese Szene wurde zwar häufig dargestellt, auf der Cazner Standarte allerdings ist die Szene – und das ist selten – in eine Art Brustbild gebannt.

Doch warum wird nur in manchen Bündner Ortschaften Fronleichnam gefeiert? Im frühen 16. Jahrhundert erkämpften sich die Bündner Gemeinden das Recht der freien Pfarrwahl. Wählte nun eine Gemeinde einen katholischen Pfarrer, wurde die Gemeinde katholisch – und feierte dann auch Fronleichnam. In Cazis, wo nebst einer Martinskirche das wohl älteste Kloster Graubündens zu finden ist, war die Wahl klar…

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